IDEOLOGIE MACHT STADT

Perspektivwandel_n ist ein Projekt des Bordsteinlobby e.V., welches aus unserer geteilten Neugier an den kleinen und großen Besonderheiten von Chemnitz und unserem Interesse an der alltäglichen Auseinandersetzung mit Stadt und gesellschaftlichen Strukturen entstand. Wir starteten die erste Ausgabe wie ein experimentelles Pilotprojekt mit dem Titel „Ideologie Macht Stadt“. Dabei ging es darum, wie der öffentliche Raum durch Macht- und Herrschaftsverhältnisse strukturiert wird und wie sich diese Strukturen auf unser tägliches Leben in der Stadt auswirken können. 

Um das so umfassende Thema von einigen Seiten beleuchten zu können, stellten wir uns in drei Gruppen eingeteilt die Fragen: Wie und wodurch wird der öffentliche Raum reglementiert? Welche Stellenwerte nehmen Konsum und Verwertung ein? Welche Phänomene dominieren die Stadt wenn ich genau hinhöre?

Hier findet ihr eine ausführliche Anleitung zu unserer Methodik. 

Gruppe 1: Reglementierung von Raum

Die erste Gruppe befasste sich  mit dem öffentlichen Raum und den darin vorkommenden Regeln. Tagtäglich laufen wir durch die Stadt, meist um von Zu Hause zur Arbeit, zum Einkaufen zu kommen. Erst wenn die Freizeit in den öffentlichen Raum wandert, merken wir, dass die Freiräume und Aneignung durch Vorschriften bestimmt werden.

Spielerisch, interventionistisch und explorativ wurde der öffentliche Raum erkundet. Was gibt es für Vorschriften? Was sind diese omnipräsenten Regeln? Wie drückt sich unser Gesellschaftssystem durch diese Reglementierung aus? Was können wir anhand der Regeln / Vorschriften / Werbung ablesen und wie fühlen wir uns damit? Was hat das für Auswirkungen auf unser Leben im öffentlichen Raum?

Durch Rollenverteilungen und Thesen hangelte sich die Gruppe durch das Zentrum und Reitbahnviertel und nahm unterschiedliche Blickwinkel ein. Im Mittelpunkt stand vor allem die individuelle Wahrnehmung und der Persektivwandel. 

Gruppe 2: Verwertung & Konsum

Die zweite Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema Konsum und Verwertung im Stadtraum. Wo überall liegt der Fokus des öffentlichen Raumes auf Konsum? Wo überall soll etwas verwertet werden? Was bleibt übrig, wenn man all die Konsumorte wegradiert? Mit diesen Fragen im Kopf, fingen wir an, uns mit dem Thema auseinanderzusetzen und einen Stadtspaziergang zusammenzubasteln. Dabei fällt schnell auf, so einfach kann man den Begriff des Konsums nicht einordnen. Konsum kann alles umfassen und damit auch wieder nichts. Was bedeutet Konsum für jede Person individuell? Ist Konsum wirklich immer so schlecht wie sein Ruf? Ist es überhaupt möglich, nicht zu konsumieren? Schließen müssen wir ständig trinken, essen, hören Spotify und gehen gerne ins Kino. 

Unterwegs in Bernsdorf versuchten wir, verschiedene Themen und Aspekte von Konsum im öffentlichen Ort zu beobachten, diese einzufangen und zu reflektieren. Wir beschäftigten uns an verschiedenen Stationen mit den grundlegenden, den spaßigen, den kritischen, den utopischen Seiten. Zwar erscheint Konsum und Verwertung erstmal ziemlich komplex, doch diskutierten wir alle gemeinsam über Kirchen, Parks und Spielplätze, spielten Pantomime, dachten über den perfekten Ort zum Verweilen nach und darüber, ob es überhaupt alternativen Konsum gibt und wie dieser aussehen könnte. 

Wie stellten uns Fragen wie: Welche Werte stecken hinter Konsum und dessen Verzicht? Für wen ist Konsum gemacht und wer wird ausgeschlossen?

Am Ende stand natürlich nicht nur das Ziel, sich mit gesellschaftlichen wie auch individuellem Konsum und Kritik im öffentlichen Raum auseinanderzusetzen, sondern auch zu entdecken, mit welchen Perspektiven und Gesichtspunkten wir in der Stadt auf Reise gehen können.

Gruppe 3: Raum & Rausch

Die dritte Gruppe beschäftigte sich mit der Wahrnehmung und dem Erleben unser Stadtinfrastrukturen durch das Hören. Ausgangspunkt hierbei sind Geräusche als Ausdrucksform und Sprache der Stadt. Sie begleiten uns durch den Alltag, sei es unterwegs, beim Bäcker, auf der Wiese im Park oder wenn wir das Fenster zu Haus ankippen. Und während sie uns begleiten fangen sie an zu erzählen: über und durch das, was sie hervorbringt: das Wirtschaften in der Stadt, die Mobilität in der Stadt, die Dominanz in der Stadt, das Leben in der Stadt und der Gesellschaft. Die Geräusche sind eine Form der Übersetzung der die Gesellschaft tragenden Ideologie. Ziel war es dem nachzugehen und genau hinzuhören, zu überprüfen was die Geräusche mit uns machen und was sie im Außen erzeugen.

An einem windstillen Nachmittag versammelten wir uns hinter der Johanniskirche und stellten nach einem kleinen Kennenlernen unsere Rollen innerhalb der Gruppe vor. Ausgestattet mit allerhand Werkzeugen wie einer Stadtkarte, Kreide, Gedankentagebuch, Audiogerät und Augenbinden starteten wir unsere Route. Festgelegt waren im Vorfeld Startpunkt sowie Zielort. Bearbeitet wurden auf dieser selbstgewählten Strecke drei Aufgaben. 

Das achtsame Wahrnehmen des Außens und das Abgleichen mit dem Inneren wurden im Notizbuch festgehalten und anschließend in großer Gruppe resümiert. Ebenso wurden verschiedene Szenarien beobachtet und Ableitungen gezogen, so auch wie das eigene Handeln weitere handelnde Subjekte im Raum beeinflusste.